Wir lesen seit einiger Zeit mit dem Kindle. Also ich lese, meine Kinder können noch nicht lesen. Für mich allein, sehe ich darin auch viele Vorteile. Man spart schließlich eine Menge Papier. Ich muss nicht auf eine staubige Bücherwand schauen, um mich belesen zu fühlen. Allerdings ist das Angebot doch noch sehr eingeschränkt.
Andererseits gibt es manches mittlerweile nur noch als ebook, weil das Risiko geringer ist. Bevor ich mich jetzt in der Analyse bezüglich des Fortbestandes ganzer Industrien rund um das Buch versteige…wie wirkt sich jetzt der Kindle auf unsere Vorlesesituation aus?
Natürlich ist auch mit den Kindern ein Kindle praktisch. Wenn sich zwei Kinder in meine Arme kuscheln, bin ich froh, wenn ich so ein Leichtgewicht in der Hand halte und kein schweres Buch. Ich wünschte wirklich, ich hätte während der Stillzeit schon einen gehabt. Auch dass man vom Umgebungslicht unabhängiger ist, ist mit Kindern oft ein Vorteil. Wir lesen überall: Beim Arzt, im Restaurant, im Flieger, im Bett, am Sofa, am Strand, in Hotellobbies und haben immer bequem ein paar Bücher dabei. Ich bin froh, dass unsere Kinderbibliothek nur virtuell wächst, weil ich auch gar nicht wüsste, wohin mit all den Schätzen. Wenn man mit dem einen Buch fertig ist, bestellt man flugs ein Neues. Wenn man so viel liest, wie wir hat man den Anschaffungspreis auch schnell wieder hereingelesen, weil die Bücher ja deutlich günstiger sind.
Auf diese Weise haben wir alle „Sams“ Bände in nur zwei Wochen gelesen. Es gab kein Halten mehr. Auch bei mir nicht. Vorlesen ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, wenn meine Kinder zu groß dafür sind, gehe ich ins Altenheim. So sehr wir uns auch in das Sams verliebt haben, in den kleinen, frechen Kerl mit den Wunschpunkten, der Herrn Taschenbiers Leben gehörig durcheinander wirbelt, ein bisschen habe ich den Eindruck, ein gemächlicheres Tempo hätte uns gutgetan. Hätten wir ein Buch in der Hand gehabt, hätten wir uns länger auch auf die Bilder konzentriert. Es hätte längere Pausen zwischen den Büchern gegeben (man bestellt ja nicht 9 Bände auf einmal) und wir hätten sie besser verdaut. Wir hätten mit Vorfreude auf einen neuen Band gewartet (Also nicht bis zum nächsten Geburtstag. Bücher sind bei uns mehr ein Grundnahrungsmittel). Warten können……unseren Kindern darin ein Vorbild zu sein, fällt uns schwerer und schwerer und der Kindle wird uns da kein Helfer sein.
Allerdings konnten wir bequem während des Lesens unsere liebsten Sams-Reime markieren, damit wir sie immer wieder lesen können. Wenn wir schnell man einen Lacher brauchen und davon kann man doch nicht genug haben, dann werden wir beim Sams immer fündig. Lachen ist wichtiger als Warten, würde ich sagen.
Zu bedenken ist aber, dass das Buch nicht greifbar ist, das heißt, das Kind wühlt nicht in der Bücherkiste und kommt dann mit dem Buch an und es wird noch einmal ( und noch einmal, und noch einmal) gelesen. Das Kind kann das Buch, den Schatz, nicht mehr in den Händen halten und es wird auch nicht einfach mal nur darin geblättert. Natürlich nähern sich Kinder irgendwann dem Erwachsenen-Lesen insoweit an, dass sie Bücher nicht mehr wieder und wieder lesen. Aber meiner Meinung nach brauchen Kinder im Vorschulalter diese Wiederholung noch auf jeden Fall. Sie müssen Dinge noch be-greifen. Dazu gehört auch ein Buch wirklich in den Händen zu halten und in den Bildern zu schwelgen. Das Rascheln vom Umblättern zu hören und den Buchgeruch einzusaugen. Da ist der Kindle eher eindimensional zu nennen.
Der Kindle wird also sicher nicht unsere einzige Lesequelle sein. Zumal sich die Auswahl an guter Kinderliteratur dort derzeit auch noch außerordentlich bescheiden ausnimmt. Andererseits ist er so schrecklich praktisch, dass ich ihn auch nicht mehr missen möchte.