Nicht erst seit Harry Potter werden Kinder mit elterlichem Segen ausgestattet, der sie ein Leben lang vor allem Bösen beschützen soll. Wir alle wünschen uns für unsere Kinder ein langes und erfolgreiches Leben und kämpfen dafür oft an zahlreichen Fronten. Was bei Joanne K. Rowling vor Lord Voldemort, dem personifizierten Bösen, schützt, kann auch unsere Kinder mehr stärken, als so manch anderer Zauber, den wir ansonsten oft um sie veranstalten.
Ein Blick auf den biblischen Segen weist den Weg für ein erstes Verständnis, was „Segnen“ überhaupt sein soll. Das verwendete hebräische Wort „barak“ bedeutet so viel wie, jemanden die Kraft Gottes zusichern, ihn mit heilvoller Kraft auszustatten. Im Griechischen meint „eulogeo“ gut über jemanden sprechen. Im alten Testament verdeutlicht z. B. die Geschichte von Jakob und Esau (1.Moses 27) die immense Bedeutung des väterlichen Segens. Aber gerade auch Jesus nimmt die Kinder in die Arme, legt ihnen die Hände auf und segnet sie (Markus 10, 13-16).
Was soll Segnen denn nun sein? Was sind nun die wesentlichen Elemente eines Segens?
1. Liebevolle Berührung
Noch sind unsere Kinder klein. Kuscheln, Küssen, Streicheln und Rangeln steht noch ganz selbstverständlich auf der Tagesordnung und wird auch von den Kindern noch eingefordert. Allerdings ist mit dem Abstillen der erste Schritt in eine Eltern-Kind–Beziehung getan, die bereits über merklich weniger selbstverständlichen, regelmäßigen Körperkontakt verfügt.
Oxytocin und Endorphine, Hormone die das Entstehen von Liebe und Vertrauen, aber auch Schmerzreduzierung und Beruhigung fördern, werden bei jedem positiven Hautkontakt ausgeschüttet. So manches Streicheln ist sicher gesünder und wichtiger als die fünfte Portion Obst am Tag.
Leider verliert sich diese Art der Kontaktaufnahme mit den Kindern von Jahr zu Jahr. Insbesondere Väter scheuen sich ab einem bestimmten Alter Söhne noch zu küssen oder in den Arm zu nehmen. Je mehr die Alltäglichkeit der Berührung abnimmt, um so mehr sollten wir uns mit Ritualen und dem Bewusstsein um die Wichtigkeit der Berührung entgegenstemmen.
Jeder der mit Kleinkindern zu tun hat, weiß darum, dass man diese oft nur erreichen kann, wenn man Anweisungen, Erklärungen und Verbote mit einer Berührung, einem Halten, einem aktiven Hinwenden zum Kind verbindet und nicht indem man ihm aus 10 Meter Entfernung ein vages „Lass das!“ entgegenschmettert. Die Berührung vermittelt auch beim elterlichen Segen Bedeutsamkeit.Ein Halten an den Schultern, ein Kuss oder ein Handauflegen kann eine solche Berührung sein, um das Kind innehalten zu lassen und aufnahmefähig werden zu lassen.
2.Wertschätzung verbalisieren
Zu einem Segensspruch gehören anerkennende und wertschätzende Worte. Wie leichtfertig sind wir oft mit immer wiederkehrenden negativen Aussagen über ein Kind und wundern uns dann darüber, dass die Kinder sich dem ausgesprochenen Fluch gemäß verhalten. Daneben erscheint es uns oft unnötig jemanden, an dessen Bett wir nächtelang wachen, für den wir täglich Essen, Kleidung und Spielzeug bereitstellen, auch noch andauernd zu sagen, wie sehr wir ihn lieben und wertschätzen.
Und selbst wenn man das tun möchte, bleiben einem noch oft die Worte im Halse stecken. Vor allem dann, wenn es nicht darum geht, einen soeben stattgefunden Erfolg des Kindes zu loben, macht sich oft Sprachlosigkeit breit. So wichtig es ist, Leistungen und Erfolge des Kindes mit ihm zu feiern, wahre Stabilität und ein sicheres Verwurzeln im Leben wird es immer nur geben, wenn klar wird, wir lieben dich, so wie du bist. Du als Person bist uns wichtig. Es ist ein Geschenk für uns, dich auf deinem Lebensweg begleiten zu dürfen. Wir lieben dich, weil du bist.
Um Kinder mit dieser Botschaft zu erreichen, bedarf es einer bildhaften Sprache, also „Du bist mein Sonnenschein“, statt „Du bist eine Nervensäge“. „Du bist ein Geschenk Gottes“, „Du bist meine Lieblingsblume, mein Augenstern“ usw. Es gilt etwas zu finden, was eben nur für dieses Kind passt. Exklusiv und individuell, so wie wir alle betrachtet werden wollen.
Solche in manchen Ohren etwas pathetisch anmutenden Aussagen kosten uns manchmal fast Überwindung, aber sie bereichern das Leben der Kinder und ihrer ganzen Umgebung nachhaltig. Die Kinder lernen so auch schon von Anfang an, ihre Wertschätzung für andere zu artikulieren. Und desto kleiner die Kinder sind, desto leichter fällt es einem, Anerkennung und Liebe zu verbalisieren. Sprachlosigkeit wird von Kindern oft als Desinteresse empfunden. Wenn wir das Verbalisieren von Wertschätzung im Kleinkindalter institutionalisieren, werden wir das auch in den kommenden Jahren leichter beibehalten können.
Auch mit der Auswahl des Namens eines Kindes steht den Eltern eine Möglichkeit des Segnens zur Verfügung, die man bewusst wahrnehmen sollte. Es ist wichtig, sich die Bedeutung eines Namens zu vergegenwärtigen, schließlich wird das Kind ihn tausendfach zu hören bekommen.
(Fortsetzung folgt)