Wer will das nicht, zumal mit Kindern. Fröhlich sollen die lieben Kleinen Ihr Sein im Schaffen ausdrücken, während die Familie im Zuge von „Qualitiy-Time“ die neuesten „pins“ nachbastelt. Täglich, nach dem Sport, der frischen Luft, dem Musikinstrument und im Duft des gemeinsam gebackenen Kuchens. Selbst wenn wir uns in intellektuellem Trotz gegen derartig unrealistische Werbebilder auflehnen, unterschwellig wirken sie eben doch und es kann ein Maß an Disziplin erfordern, sich davon frei zu machen.
Denk jetzt also mal scharf nach, lieber Leser, ob Du das wirklich willst. Ob Du daran Freude hast. Wenn Du zu dem Schluss kommst, dass Du weder malen, noch kritzeln, noch basteln, noch schnitzen oder handarbeiten magst, dann lass es doch sein! Das Kind geht ja in den Kindergarten oder in die Schule. Es wird nicht verkümmern. Es ist mehr Zeit für etwas das Euch gemeinsam wirklich Freude macht.
Nachdem ich nun vor meinen Kindern ein eher unkreatives Leben geführt habe (von Juristen wird das gemeinhin auch nicht erwartet), habe ich mit den Kindern festgestellt, dass es mir doch auch Freude macht, irgendetwas mit meinen Händen zu gestalten. Trotzdem habe ich die große „Bastel-Action“ deutlich zurückgefahren. Ich habe nämlich gelernt (the hard way, natürlich), das es weder mir, noch meinen Kindern viel Spaß macht etwas nachzubasteln. Natürlich finden wir uns noch z.B. in Vorbereitung auf Feste zusammen und machen dafür etwas gemeinsam. Dafür wird auch mal Material gekauft und ein bisschen Ideensuche betrieben.
Andererseits will ich schon, dass die Kinder diese Freude, die Selbermachen macht erfahren. Aber eben ohne dass -auf beiden Seiten- soviel Aufwand und Erwartung damit verbunden ist.
Deshalb jetzt eine kleine Sammlung von kleinen Creativity-Boostern, die über „Mal halt ein Bild“ hinausgehen, aber trotzdem ohne viel Aufwand in jeden Tag integriert werden können.
- Materialsuche
Augen auf! Materialsuche kann ein eigener Spaß sein. Natürlich kann ein Ausflug in ein Bastelgeschäft Deiner Wahl auch mal mit den Kindern Freude machen. Aber einfacher ist es doch erst mal die Wollreste zu verbasteln, die man eh zuhause hat. Es gibt bei uns immer eine Schachtel mit sauberem Verpackungsmüll, aus denen sich die Kinder bedienen können. Mit einer Heißkleberpistole ( nur keine Zimperlichkeiten, an einer kleinen Brandblase ist noch keiner gestorben!) entstehen daraus alle möglichen Installationen. Außerdem kann man das dann getrost irgendwann wegschmeißen, es war ja nur Müll.
Genaus so bedenkenlos lassen sich Naturmaterialen entsorgen. Außerdem hat man bei der Suche, Spaß, frische Luft und Bewegung. Eine solche Suche, lässt sich prima auch mit einer Fotosafari verbinden. Wer findet am meisten Blaues, am meisten Vierecke, Gesichter oder den Sommer? Wir haben einen permanenten Vorrat aus getrockneten und gepressten Blättern und Blüten, der mit jedem Spaziergang aufgestockt wird.
Obwohl bei uns überwiegend online gelesen wird, sind doch manchmal Zeitschriften, gerade die mit den schönen Bildern, in natura schöner. Auch die führen wir gewissenhaft einer „Bastelzweitnutzung“ zu. Manchmal sammeln wir daraus Farben, oder Tiere, mehr und mehr auch Buchstaben und Zahlen. Hin und wieder setze ich mich auch abends vor den Laptop und schau den Tatort, während ich alles mögliche aus Zeitschriften ausschneide. Mit dieser heißbegehrten Kiste von „Ausgeschnittenem“ bin ich zwar ein bisschen geiziger. Aber manchmal ist es im Alltag besser, wenn man sich bei einer Collage auf Kleben und Malen konzentrieren kann und nicht noch suchen und schneiden muss, wenn es in einer halben Stunde Essen gibt.
Ich kaufe keine Bastelmaterialien, die Augenkrebs erzeugen. Glitter kriecht in alle Bodenritzen. Immer abdecken. Je bunter, je giftiger. Das sind ferne Weisheiten, die ich der geneigten Leserschaft nicht vorenthalten möchte.
2. Verändere den Ort
Draußen auf der Wiese wird etwas anderes entstehen, als an der liebevoll eingerichteten Bastelvollstation. Wenn man wegen so niederen Dingen, wie Platzmangel, den kleinen Künstlern kein eigenes ARtStuDiO einrichten möchte, dann ist man frei und kann einfach überall etwas entstehen lassen. Mit einem Tablett kann man im Auto malen, jede Kurve kann den Stift dirigieren. Stifte und Papier in kleinem Format, gehört in jede Handtasche. Man kann ein paar Kreiden und Papier an einem ungewöhnlichen Ort, z.B. am Klo, platzieren und sehen was passiert. Malen kann man auch in und mit der Natur, mit Steinen, Muscheln, Blättern, Stöcken und Blüten. Es gibt Tischsets auf denen man neben dem Teller kritzeln kann, oder man deckt den Tisch statt einer Tischdecke mal mit alten Zeitung und serviert neben dem Essen auch noch ein paar Stifte.
3. Ändere das Format
Gib doch mal Papier in Briefmarkengröße aus. Wer kann das kleinste Bild malen? Oder falte schnell ein kleines Leporello und schau, was die Kinder daraus machen. Was entsteht aus einem Papier mit einem Loch in der Mitte? Schon mal was von Pointillismus gehört? Gib doch mal Wattestäbchen als Pinsel aus. Male mal ein richtig großes Bild. So wie hier.
4. Vorbild sein
Was ich komplett aufgegeben habe, ist dieser Dialog: „Mir ist langweilig“, Antwort: „Mal halt ein Bild“. Absolut zuverlässig wirkt aber eine kritzelde Mutter (ich scheue das Wort „malen“ es impliziert irgendwie ein gewisses Maß an Können). Mal der Schönheit in der Zeitschrift eine Warze und Teufelshörner. Mach Dir eine schöne Tasse Kaffee und mal ein paar Kringel mit den Wachsmalkreiden Deiner Kinder. Ich habe ein Ringbuch mit stärkerem Zeichenpapier, in das ich jeden Tag ein bisschen hinein male oder kritzle oder klebe, nur 10 Minuten. Meine Söhne haben auch ein solches Büchlein und das habe ich schon mal mit an meinen Tisch gebracht. Irgendeiner kommt immer. Manchmal nötige ich auch den Vater, dessen Zeichentalent sich hoffentlich vererbt hat, schnell etwas für uns zu malen.
5. Präsentation
Solche kleinen Papa-Kunstwerke werden auch oft auf ein Post-it gezeichnet, das ich dann an eine überraschende Stelle klebe (Sockenschublade, Luchbox, Bücher). Auch die Buben fangen an solche kleinen Zeichnungen zu verstecken.
Es kommt ja dann mit der Zeit einiges an Kunstwerken zusammen. Ich entsorge großzügig. Bin aber aufmerksam genug, um zu bemerken, wenn es sich um ein besonderes Werk handelt. Manches landet natürlich am Kühlschrank. Aber das „bunte-Kinderkunstwerke-im-ganzen-Haus“….wie soll ich sagen….finde ich scheußlich. Ja, das sagt man nicht. Manches ist allerdings eine Frage der Form. Wir haben ein paar teure Rahmen gekauft, in denen nun das aktuelle Hauptwerk landet. Das sieht dann gleich ganz anders aus. Zwischendrin kleben wir auch mal etwas mit einem schnellen Masking-Tape-Rahmen an die Wand. Auch das oft an lustigen Orten (ganz unten an der Bodenleiste, in einem Schrank, an die Duschtür).
Nächste Woche gibt es mehr kleine kreative Ideen und Buchtips, mit denen man ohne viel Aufwand ein bisschen frischen Wind in den Alltag bringt.
Hier noch ein Fund zum Thema „jeder kann zeichnen“, der mich begeistert: