Habt Ihr eigentlich auch schon mal………….

gedacht, wenn ich einfach die Augen nicht aufmache, vielleicht gehen sie dann wieder weg und lassen mich noch schlafen.

Schokolade gegessen, obwohl gar keine Schokoladenzeit war und gedacht, es merkt keiner.

gedacht, wenn das Kind in meinem Bett durchschläft, müsste es doch auch in seinem Bett durchschlafen.

eine Stunde lang ein Straßenklebeband in der Wohnung verklebt und gedacht, da müssten die Kinder doch jetzt länger als 5 Minuten, mit Begeisterung und ohne Streiten spielen.

gedacht, das zweite Kind kann nicht mehr viel Mehraufwand sein.

gedacht, so ein bisschen Styropor, das ist sicher gleich wieder aufgeräumt.

gedacht, Wasserfarben müssten doch -weil wasserlöslich- überall ganz leicht wieder weggehen.

gedacht, ab morgen zieh ich hier aber mal andere Seiten auf.

gedacht, man muss doch auch einmal zufrieden sein.

gedacht, den Glitter kann man sicher mit dem Staubsauger wegsaugen.

gedacht, auch Kinder könnten verstehen, was „pacta sunt servanda“ bedeutet.

gedacht, auch Väter könnten für eine ausgewogene Ernährung Sorge tragen.

gedacht, Kinder würden nicht so gnadenlos die eigenen Macken imitieren.

gedacht, wo ist hier die Stopp-Taste.

gedacht, einmal in der Woche, das Auto saugen ist echt ausreichend.

gedacht, ich lass sie jetzt nichts mehr im Auto essen.

gedacht, meine Kochkünste sind an Banausen verschwendet.

gedacht, warum stecke ich meine Kinder nicht in den Zeichen-, Fußball-,Ski-,Schwimm- Autogenes Training-, Selbstverteidigung-, Chinesisch-, Russisch-, Manieren für Anfänger-,KochKurse, damit ich sie aus dem Haus habe.

gedacht, der Fernseher wird doch nicht wirklich alle Synapsenbildung im Gehirn zertrümmern.

gedacht, so schnell bringen sie sich schon nicht um.

gedacht, können sie nicht mal so krank sein, dass sie stumm und fiebernd den ganzen Tag verschlafen.

gedacht, die Naht vorne in den Socken kann wohl nicht so unbequem sein, dass sie das Gehen unmöglich macht.

gedacht, ein Leben als Einsiedler scheint doch recht verführerisch.

Und hat das bei Euch dann funktioniert?

Bluecrab

 

Das geht uns alle an…eine Liebeserklärung an die Hebamme

Mir ist klar, dass man bei unserem schwächelnden Gesundheitssystem auch irgendwo anfangen muss zu sparen. Aber bei den Hebammen, beim Beginn eines Menschenlebens ist sicher der falsche Platz. Ich dachte ja bisher, „mehr Geburten“ wäre ein erstrebtes politisches Ziel. Dass so manches Geburtstrauma das zweite und dritte Kind verhindert, ist dem Bundesgesundheitsminister Gröhe vielleicht noch nicht klar. Dann klären wir ihn doch mal auf.

Ich habe zwar noch eher moderat meinen persönlichen Vergleich zwischen Hausgeburt und Klinikgeburt gezogen und noch heute will ich sicher nicht behaupten die Hausgeburt wäre das einzig Wahre, wenn sie das auch für mich war. Weder jedes Kind, noch jedes Paar und wohl auch nicht jede Hebamme ist für die Hausgeburt gemacht. Was mich dazu getrieben hat, war vor allem die wenig selbstbestimmte Situation in der Klinik. In der Steiermark gibt es leider kein Beleghebammensystem. Das heißt, man muss die Hebamme nehmen, die gerade da ist. Ich halte das für grundsätzlich schlecht. Deshalb jetzt mal ganz deutlich, Herr Gröhe: Keine Geburt ohne eigene Hebamme! Eine Geburt ist eben nicht nur wunderbar, sondern für viele Frauen auch eine der schlimmsten Extremsituationen, in die sie in Ihrem Leben geraten. Klar die Erinnerung daran verblasst bald ( ich muss mich wirklich anstrengen, mich daran zu erinnern). Aber eine Geburt ist eine Expedition in ein Land, in dem man noch nie war. Es kann Momente geben, in denen man nur noch weg will, oder sterben, jedenfalls kein Kind. In denen man von allen verlassen ist, auf sich gestellt und glaubt, es nicht zu schaffen. Nachdem ich allen Nichtmüttern jetzt gebührend Angst gemacht habe, tada… da ist sie, Eure Rettung: Die Hebamme. Sie ist die, die Euch hineinführt und auch wieder heraus, die Euch das Vertrauen schenkt, dass Ihr das schaffen könnt. Und wenn Ihr Eure Expedition zum Nordpol startet, wollt Ihr dann Eure Gefährten vorher auswählen, oder nehmen, was gerade um die Ecke biegt, wenn’s losgeht?

Meine Hebamme bei der ersten Geburt war sicher auch ganz wunderbar…..für irgendeine andere Frau. Für mich war sie das nicht. Wie sollte sie auch. Sie kannte mich ja gar nicht. Wusste nicht, was sie an Kraft, Wissen und Persönlichkeit voraussetzten konnte. Klar irgendwie kam das Kind dann schon auf die Welt und ich habe sicher kein Trauma davongetragen, aber es war sch…..lecht. Das wollte ich nie wieder.

Gott sei dank war von vorne herein eine ambulante Geburt geplant und wir gingen nach 5 Stunden nach Hause und ich musste mir nichts mehr von Fremden sagen lassen, deren Kompetenz ich insgeheim (und ungerechterweise) anzweifelte. Dann am nächsten Tag kam meine Hebamme. Eine Frau, die für diesen Beruf lebt und das auch ausstrahlt. Eine, die immer genug Zeit für uns hatte und erst ging, wenn alles gut war. Eine, der ich alles sagen konnte und die Antworten auf meine Fragen hatte. Antworten, die nicht immer nur aus ihrem Wissen, sondern auch aus ihrem Herzen gespeist waren. Die, mit der ich ein gutes Jahr später ein zweites Kind bekam und die dafür am heilig Abend spät nach Hause gekommen ist.

Haben wir keine Hebammen mehr, weil sich ihr Beruf einfach nicht mehr rechnet, dann verlieren wir Frauen etwas Existenzielles. Das Recht auf eine selbstbestimmte Geburt, den Glauben an unsere weibliche Macht, Leben zu schenken und einen guten Start für das Leben unserer Kinder. Weder Ärzte noch unsere Männer werden uns darin bestärken unsere eigenen Kräfte zu entdecken, man bedenke die Risiken und damit meine ich nicht nur die medizinischen. Man kann nach einer Geburt verwundet zurückbleiben oder gestärkt daraus hervorgehen. Oft macht die Hebamme den Unterschied. Hebammen machen uns Frauen stark, sie kämpfen für uns, wenn unsere Männer damit überfordert sind und sie bewahren uns davor, in den medizinischen Apparat zu geraten, wenn es nicht nötig ist. Sie machen sich für uns unbeliebt. Sie bestärken uns in unserer Weiblichkeit, sie wissen, was für uns auf dem Spiel steht. Sie führen und fordern uns und sie lassen es uns schaffen. Sie behalten den Überblick und tragen einen Teil der Verantwortung. Sie bewahren uns vor Irrwegen. Sie wissen um die spirituelle Dimension. Sie werden aber auch niemals (im Gegensatz zu mancher Mutter oder manchem Vater) den eigenen Ehrgeiz über das Wohl von Mutter und Kind stellen.

Sie machen sich für uns und unsere Kinder oder Enkelkinder stark.

Die Hebammen haben unser alles Unterstützung verdient.

https://www.change.org/de/Petitionen/lieber-herr-gr%C3%B6he-retten-sie-unsere-hebammen.

Wer nicht unterschreibt, braucht sich hier nicht mehr blicken zu lassen (tut mir leid, aber das ist nicht der Zeitpunkt für Höflichkeiten).

 

Julia und die Handarbeit

Das ist so eine Sache mit mir und der Handarbeit. Das fing schon nicht gut an. In der Grundschule hatte ich eine Handarbeitslehrerin, die mir weniger gewogen war, als alle anderen Lehrer, mit denen ich in der Folge zu tun hatte. Das einzige, was ich von ihr bis heute behalten habe, ist der Spruch „Mädchen, die pfeifen, und Hühner, die krähen, soll man beizeiten den Hals umdrehen“. In der Folge vervollständigte meine Mutter einige meiner Werkstücke, was aufgrund ihres eigenen eingeschränkten Talents auf dem Gebiet auch nicht weiter auffiel. Noch heute erinnere ich mich mit Schaudern an ein Bild von einem Paar in Trachtengewand, eine Kreuzstichscheußlichkeit der besonderen Art. Es mangelte mir also von Anfang an, an Talent und Förderung. So glaubte ich jedenfalls.

Jahrzehnte lang führte ich in der Folge dann ein handarbeitsfreies Leben. Ich zeichne mich durch eine außerordentliche Kopflastigkeit aus und es erschien mir lange als Dummheit mit meinen Händen zu arbeiten, wenn ich doch viel weiter komme, wenn ich mein Hirn anstrenge. Wozu also Handarbeit? Nach Spitzendeckchen krähte kein Hahn und ich hätte auch nie einen selbst gestrickten Pullover angezogen (selbst, wenn jemand anderer ihn gestrickt hätte).

Mit den Kindern kam so nach und nach wieder mehr Bastelei in mein Leben. Plötzlich befreit von dem Anspruch Herausragendes produzieren zu müssen, konnte ich munter vor mich hin werkeln. Zum einen war mir schon immer jedes Mittel recht, um mich vorm Lego Spielen zu drücken, zum anderen stellte ich fest, dass man Freude auch ohne Talent haben kann. Es gibt sogar Momente, da denke ich, mein kreatives Talent ist gar nicht so klein, es war einfach mein Anspruch, der so groß war. Das verstaubte Image der Handarbeit war allerdings auch nicht hilfreich.

Aber das scheint sich zu wandeln. Die Welt ist plötzlich voller Selbermacher, voller neuer, cooler Magazine und auch wir teilen unsere Bastelfreuden fleißig mit anderen auf den Seiten der Handmade Kultur. Daneben zeichnen meine Lieblingswaldorferziehungsbücher gerne ein Bild nach, das mich glauben lässt, würde ich nur handarbeiten, dann würden sich meine Kinder friedvoll zu meinen Füssen scharren und dort in anheimelnder Atmosphäre stundenlang ohne Streit spielen. Also starte ich damit, die Stricklieseln meiner Söhne (es werden damit ausnahmslos Piratenseile produziert, falls da irgendein ewig Rückständiger lästern will) weiter zu bearbeiten, wenn sie erschöpft sind. Die gewählte wunderschöne Dochtwolle ist scheinbar keine Anfängerwolle. Jetzt erinnere ich mich wieder, dass das früher auch immer so streng war bei meinen Strickereien. Meine Finger krampfen sich um die Strickliesel, ich zerre und kämpfe. Muskeln verkrampfen sich, Knöchel treten weiß hervor, Nagellack splittert, von Entspannung keine Spur. Ich brauche Hilfe!

In unserer Schule gibt es jetzt einmal im Monat einen Nachmittag, an dem die Mütter zusammenkommen und für den nächsten Basar handarbeiten, während unsere Schulleiterin mit uns über Erziehungsfragen diskutiert. Zugegebenermaßen bei der Vorstellung musste ich zunächst, den Schock, den das prähistorische Bild eines derartigen Frauenzirkels (Ansammlungen von Frauen waren mir früher so suspekt wie Handarbeiten) in mir auslöst, erst einmal abschütteln. Aber ich lege durchaus Wert auf die Ansichten unserer Direktorin und freue mich auf das Zusammensein mit den anderen Müttern. Und wenn es sein muss, dann stricke ich halt. Kann ja nicht so schwer sein. Außerdem gibt es ja heutzutage nichts mehr, was nicht schon mal jemand auf youtube vorgemacht hat. Ich habe dort schon Erhellendes gelernt, zum streifenfreien Auftragen von Selbstbräuner, genauso wie zum Verschnüren von Rollbraten. Wird sich ja wohl das Stricken lernen lassen.

Mittlerweile ist erwiesen, wie positiv sich Handarbeiten auf das Gehirn auswirkt. Es reduziert Stress, spendet Zufriedenheit und beeinflusst bei Heranwachsenden die Vernetzung im Gehirn positiv. Ja, dann ….geh ich jetzt mal für mein Gehirn Wolle kaufen.

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Die 5-Jahres-Frage

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Die Bloggerwelt ist groß und es gibt wirklich viele, die wunderbar inspirierend für andere sind. Aber man kann vor dem Computer, genau wie vor dem Fernseher, viel Zeit damit verbringen, das Leben anderer Menschen zu bestaunen. „Worst case“ fängt man dann auch noch an, sein eigenes mit diesen anderen Leben da draußen zu vergleichen. Dies vorangestellt, gibt es aber für mich eine Hand voll Blogs, die ich regelmäßig besuche, weil sie mir echte Freude machen.

Neben den schon öfter erwähnten Naturkindern schau ich auch bei Uta’s Wer-ist-eigentlich-dran-mit-Katzenklo regelmäßig vorbei. Uta ist Journalistin und Elterntrainerin und lässt uns regelmäßig an Ihren Erkenntnissen und Ihrem Erfahrungsschatz zum Thema Familienglück teilhaben. Durchdrungen von Ihrem Wissen und einem herzerwärmenden Humanismus zeigt Uta ohne erhobenen Zeigefinger Wege auf, wie Erziehung und Familie mit Hinwendung und Gelassenheit gelingen kann. Außerdem mag ich Ihren Schreibstil. Ich kann Euch also einen Besuch bei Ihr nur empfehlen.

Uta hat nun mit Ihrem letzten Post mir eine Übung wieder ins Gedächtnis gerufen, die ich ab und an mache, um ein Gefühl zu entwickeln, was mir wirklich wichtig ist. Uta berichtet von ein paar bangen Wochen des Wartens auf eine Krebsvorsorgediagnose und wie Ihr die folgende Erleichterung auch wieder mehr Gelassenheit hinsichtlich der Alltagsärgernisse verschafft hat.

Einer Art persönlichem Aberglauben folgend, denke ich nun, wenn man regelmäßig von allein darauf schaut, wo die eigenen Prioritäten liegen und ob sie da auch liegen sollen, dann kann sich das Leben den gelegentlichen Schuss vor den Bug sparen.

Als Prüfungsinstrument hat sich für mich die 5-Jahres-Frage als hilfreich herausgestellt:

Was wäre, wenn ich in 5 Jahren sterben würde?

5 Jahre sind ein guter Zeitraum. Kurz genug, als dass man die Brisanz der Endlichkeit spürt (will man denn an eine solche glauben), aber so lang, dass nur diejenigen „Aussteigen und die Welt umsegeln“, denen das auch wirklich ins Herz gelegt ist.

Die letzten 5 Jahre Deines Lebens…willst Du Sie mit diesem Mann/dieser Frau verleben? In diesem Job arbeiten oder ausharren? Was musst Du bereinigen? Mit welchen Menschen willst Du Dich dann nicht mehr umgeben? An welchem Ort willst Du leben?

Klar, das ist die große Baustelle. Es geht aber auch kleiner. Wenn Dir einer dumm kommt und Du hast nur noch fünf Jahre, gehst Du dann lächelnd weiter oder setzt Du dem ein Ende? Was gönnst Du Dir noch in Deinen letzten 5 Jahren. Oder kannst du endlich anfangen, jede normale Minute zu genießen und musst Dir darum gar nichts mehr gönnen?

Wenn Du noch 5 Weihnachten hast, wie sollen diese 5 Weihnachten sein?

Ich habe kleine Kinder. Beide glauben noch an das Christkind (ohne jeden Zweifel, herrlich oder??). Bei uns gibt es richtiges Kaffeewerbungs-Weihnachten, also Baum und Kerzen und leuchtende Kinderaugen, Schnee draußen (im Lungau darf darauf wenigstens hoffen), Kaminfeuer, Plätzchen, Weihnachtslieder ……und ich liebe das….und ich hoffe, dass ich mich nicht von den Werbebildern in unseren Köpfen erschlagen lasse. Wir sind 2 Wochen lang bis unters Dach voll mit Gästen und auch das liebe ich…..aber ich nehme mir auch fest vor, mir eine Stunde am Tag für mich allein zu gönnen (liebe Gagela, das kann ich Dir auch nur raten), Zeit nur mit meinem Kleinsten zu verbringen, der regelmäßig, wenn er mit seiner Cousine unter einem Dach lebt, vor Eifersucht Galle speit. Wenn ich nur noch 5 Jahre habe, dann weiß ich, dass ich nicht mehr anfange, Weihnachtskarten zu schreiben, obwohl ich mich immer so freue, welche zu bekommen. Dann werde ich keine 10 Sorten Plätzchen backen, sondern 2. Dann packe ich hingebungsvoll Geschenke ein, weil mir das Freude macht. Dann höre ich amerikanische Weihnachtshits, auch wenn’s kitschig ist. Weil all das mein Herz zum Singen bringt….

Wenn mein Herz nicht mehr singt, dann stell ich mir wieder die 5-Jahres-Frage. IMG_5561

Ameisenbekämpfung – Mental statt Menthol

„Ameisen sind pflegeleicht, können platzsparend gehalten werden und machen weder Lärm noch Dreck. Sie sind eigentlich die idealen Haustiere.“ So jedenfalls meint Martin Sebesta, der den weltweit größten Ameisen-Onlinehandel betreibt. Und in der Tat denke ich auch, dass Ameisen einfach grandiose Tiere sind, wenn ich vor einem ihrer riesenhaften Bauten stehe….IM WALD….da, wo sie meiner Meinung nach hingehören.

Ameisen gehören nicht in Häuser und schon gar nicht in Wohnungen im zweiten Stock, wo man sich vor -vermeindlich- erdnahem Getier sicher fühlt. Aber Ameisen sind in Florida einfach ÜBERALL. Es gibt unzählige Arten. In unserer Wohnung gibt es unzählige Arten. Es gibt die ganz kleinen. Sie sind so klein, dass ich die Brille aufsetzen muss, um überhaupt zu erkennen, dass es sich um eine Ameise handelt. Sie huschen über Bücher und Computertastaturen und stürzen sich auf das Zuckerkörnchen, das neben die Tasse gefallen ist. Die drei Brösler in unserer Familie können ganze Völker ernähren. Falls wir die Ameisen für irgendwen da oben sind, dann sollte der uns mal nicht nur beobachten, sondern auch auf manche Teile der Welt ein bisschen herunter bröseln.

Es gibt mittlere Ameisen und große Ameisen. Gut, von den großen gab es erst fünf. Aber der Gedanke, „Ach das ist ja nur eine kleine Ameise, die hat sich wohl verlaufen, die Arme“, der ist nicht der Ausdruck von Tierliebe, der ist ein Anfängerfehler. Den habe ich jedenfalls bei den großen Ameisen nicht mehr gemacht. Das ist keine kleine Ameise, die kopflos in der Gegend herumirrt. Das ist ein gefährlicher Späher feindlicher Truppen und wo die herkommt, da gibt es noch mehr…sehr viel mehr. Es gilt also in jedem Fall den Kundschafter zu eliminieren, bevor er dem Rest den Weg weisen kann. Und das tut er. Die Ameise kennt kein Mitleid. Alle Ameisen der Welt wiegen etwa so viel, wie alle Menschen der Welt. Das ist ein ernstzunehmender Gegner.

Ich würde mich ja auf einen Kompromiss einlassen: „Ich lebe drinnen, Du, Ameise, lebst draußen“. Die Ameisen in meiner Wohnung sind aber von meiner Humanität völlig unbeeindruckt. Kein Wunder lachen sie doch täglich über meine halbherzigen Versuche mein Territorium zu verteidigen. Sie krümmen sich geradezu, ob meiner biologischen „Pillepalle“ mit der ich sie zurückdrängen will. Bisher haben sie jedenfalls weder Spray aus dem Biosupermarkt (das so penetrant nach Pfefferminz stinkt, dass es auch mich aus der Wohnung treibt), Backpulver, Borax, Saft diverser Zitrusfrüchte und der Einsatz von mit Kleberollen bewaffneter Kindersoldaten mehr als ein paar Tage eindämmen können. Es ist ein täglicher Kampf. Den Gegner Aushungern gelingt mir bei allen Bemühungen nicht, weil ich ja mit den „Bröslern“ zusammen lebe.

Gewinne ich einmal eine Schlacht und habe sie aus einem Gebiet vertrieben und verspüre grimmige Freude, tauchen sie an anderer Stelle wieder auf. Klar da gibt es dann auch diese richtig giftigen Sprays…..aber die erscheinen mir im Gegensatz zu den Ameisen wirklich gefährlich. Die Ameisen sind ja nur lästig, eklig vielleicht manchmal, wenn sie sich über vergessenes Essen hermachen. Nur um das klarzustellen, ICH vergesse NIE Essen irgendwo in unserer Wohnung. Also bis auf die Cornflakesbox, die ich unlängst nur „normal“ zugemacht habe. Aber das war dann gar nicht so schlecht. Ameisen in Box, Box in Müll, Müll sofort nach draußen. Die Frage ist ja nur, ob man mit der Methode -genau wie mit diesen Köderboxen- nicht wirklich viele Ameisen anlockt. Wir erinnern uns an die hinterhältige Kundschafterameise. Sie wird wohl nicht in der Box gewesen sein. Das ist ihr sicher nicht erlaubt. Sie muss sofort zurück und alle anderen alarmieren. Die Ameise ist ja das totalitäre Tier überhaupt. Jeder hat seine Aufgabe, keiner tanzt aus der Reihe. Die Ameise ist der Obervereinsmeier. Das ist mir zuwider. Ich bin ein Eigenbrödler. Ich mag nicht im Gleichschritt marschieren, kein Rädchen im Getriebe sein, meine Schritte nicht rechtfertigen müssen.

Was also soll die Ameise in meinem Leben? Was will sie mir sagen? Ich gehe in mich und beschließe die Ameise als Sinnbild zu sehen. Für alle unterschwelligen Lästigkeiten in meinem Leben. Die Dinge, die man so hinnimmt, statt sie zu eliminieren. Die Ameisen werden nie so viele, dass ich meine Unterlegenheit einsehe und die „pest control“ rufe (Das ist hier ganz normal, das macht jeder. Für meine Bedenken hat man hier kein Verständnis).

Das habe ich durchaus öfter in meinem Leben, dass ich Dinge hinnehme, weil sie ja nicht so schlimm sind, weil ich mit einer gewissen Leidensfähigkeit gesegnet/gestraft bin. So kleines Zeug halt. Irgendwann kümmert man sich dann mal ernsthaft um eine dieser Nervereien, repariert irgendwas, räumt was weg, über das man 1 Monat lang gestolpert ist, geht auf die Toilette und so weiter und dann wundert man sich, warum man das jetzt so lange ausgehalten hat. „Ich bin das wert, dass ich alles Unangenehme aus meinem Leben eliminiere.“ Das muss es sein, was die Ameisen mir sagen wollen. Vielen Dank, liebe Ameisen. Wie schön, dass es Euch gibt. Bleibt nur ruhig bei mir und erinnert mich. In Liebe und Dankbarkeit begegne ich der Ameise.

Mal sehen, ob sie den Köder schluckt.

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